Papst Franziskus hat mit Bahrain zum zweiten Mal die Arabische Halbinsel besucht. Seine Mission hatte drei Ziele: Stärkung der katholischen Migrantinnen und Migranten, Förderung des christlich-muslimischen Dialogs und die Pflege der Ökumene mit den Vertretern weiterer christlicher Gemeinschaften. 

Stephan Leimgruber 

Bei der Ankunft am 3. November auf der Sakhir Base in Awali wurde Papst Franziskus ein grossartiger Empfang zuteil, der mit der Begrüssungszeremonie im Königspalast noch überboten wurde. Militärische Ehren, Musik und ein durchaus herzlicher Willkommensgruss von Scheich Haman bin Isa Al Chalifa, König von Bahrain, zeigten das Wohlwollen ihm gegenüber. Dass er drei Tage im islamgeprägten Königspalast wohnte, muss als aussergewöhnlich bezeichnet werden. Ein grosser Kontrast zeigte sich zwischen dem prachtvollen Ambiente mit seinen Zeremonien und dem bescheidenen «Diener aller Diener». Mit dabei waren der neue Apostolische Vikar des südlichen Arabien Paolo Martinelli, des nördlichen Arabien Bischof Paul Hinder, der Ökumene-Minister Kardinal Kurt Koch, der Präsident der Kommission für den Interreligiösen Dialog Miguel Ayuso und Kardinal Christoph Schönborn.  

Der Freitag, 4. November, stand im Zeichen des Dialogs mit den Muslimen. Der Rat der Ältesten lud den Papst zum Abschluss des «Bahrainforums über Dialog, Toleranz und das Zusammenleben von Ost und West» auf den Platz Al-Fida des Al-Sakhir-Palasts ein. Der Papst nahm kein Blatt vor den Mund und sprach offen über Menschenrechte, gegen die Todesstrafe, über Religionsfreiheit und die Sorge um die Migranten und alle Benachteiligten. Eine besondere Verantwortung für den Frieden komme Islam und Christentum zu, weil sie zahlenmässig die beiden grössten Religionen der Welt seien und miteinander die Hälfte der Weltbevölkerung ausmachen würden. Daran schloss sich die private Begegnung des Papstes mit Grossimam Achmad al-Tayyib von der sunnitisch ausgerichteten Al Azhar-Universität und Moschee in Kairo an. Mit ihm zusammen ist die wegweisende Erklärung von Abu Dhabi, «das Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt», 2019 veröffentlicht worden. Tayyib und Franziskus kennen sich seit 2016 und sind Freunde geworden. Wer hätte so etwas gedacht! Tayyib seinerseits legte seine Finger in eine grosse Wunde Bahrains, nämlich in die Folgen des Konflikts zwischen sunnitischer regierender Minderheit und schiitischer Mehrheit und mangelnder Regierungsbeteiligung. Im Arabischen Frühling (2011) wurden Proteste gewaltsam niedergeschlagen.  

Weiter folgten Begegnungen des Papstes mit Muslimen in der Moschee des Palasts und eine ökumenische Gebetsbegegnung mit Vertretern weiterer christlicher Konfessionen in der Kirche, die Maria, der «Lady of Arabia», gewidmet ist. 

Am Samstag galt die Aufmerksamkeit den Christgläubigen. Franziskus feierte mit 28 000 Katholikinnen und Katholiken Eucharistie im zur Verfügung gestellten Nationalstadion. In der Predigt spornte er dazu an, inmitten einer pluralen, multiethnischen Welt selbstbewusst den Glauben zu leben und Christus in Tat und Wahrheit zu bezeugen. Zu diesem Gottesdienst kamen zahlreiche Gläubige aus dem nahen Katar und über die «Whisky-Bridge» aus Saudi-Arabien. Zudem fand am Samstag in der Herz-Jesu-Kirche von Manama, Hauptstadt Bahrains, eine Gebetsbegegnung mit Englischem Gruss statt, zu der in der Kirche mitarbeitende Laien und Priester geladen waren, dazu Seminaristen und Ordensleute. Nach der Abschiedszeremonie auf der Sakhir-Base in Awali flog der Papst am Sonntag zurück nach Rom, wo er gegen 17 Uhr ankam – wohl müde, aber bereichert.  

Klare Forderungen
Zweifellos hat in den letzten Jahren auf der Arabischen Halbinsel mit ihren absoluten Monarchien (insbesondere in den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Bahrain) ein Modernisierungsschub im Sinne einer Liberalisierung stattgefunden. Die Rolle der Frau wird neu definiert, das Kefala-System, welches die Migranten an die anstellenden Araber band, gelockert und insgesamt ein nahezu westlicher Lebensstil (Freigabe des Alkohols, käuflicher Sex) propagiert, aber eine gerechte Integration der Migranten und der Wille dazu scheinen noch nicht gegeben zu sein. Der Papst und Grosimam Tayyib setzten sich ein für Freiheit, Gerechtigkeit und eine Humanisierung aller Lebensbereiche. Unter anderem forderte Franziskus in seinen insgesamt sieben Ansprachen ein Lebensrecht auch für zum Tode Verurteilte, die Gleichberechtigung der Frauen in der Gesellschaft, Bildung für Mädchen, Arbeitnehmerrechte für alle, das Ende von Diskriminierungen Andersgläubiger, freie Religionsausübung und ein Ende der konfessionell motivierten Gewalt. Bischof Paul Hinder gebührt grosser Dank für seine bald 20-jährige, Vertrauen schaffende Präsenz und die stille Organisation in Kooperation mit den Behörden vor Ort. Kardinal Miguel Ayuso, Verantwortlicher für den Interreligiösen Dialog des Vatikans, bilanzierte die Reise so: «Es war eine Reise des offenen, einfachen Dialogs, der Vertrautheit und der Geschwisterlichkeit, wie es Papst Franziskus sehr gerne hat.»