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Die EVP hat an ihrem Wahlsonderparteitag am vergangenen Samstag in Zürich klar benannt, was wohl die meisten Schweizerinnen und Schweizer denken. Der Schweizer Finanzplatz, insbesondere die UBS, braucht neben schärferen Vorschriften und Kontrollen vor allem ein ethisches Bewusstsein. 

Anton Ladner

 

Der Veranstaltungsort des EVP-Wahltages war ganz gezielt gewählt: im Kongresszentrum des Hauptsitzes der SIX, der Schweizer Börse an der Pfingstweidstrasse in Zürich. Eingeladen wurde zu einem Wahlsonderparteitag, um eine Resolution nach dem Credit-Suisse-Desaster zu beschliessen. Parteipräsidentin Lilian Studer machte in ihrer Eröffnungsrede gleich die Ausgangslage klar: «Uns allen hat das CS-Debakel eines deutlich vor Augen geführt: Wirtschaft ohne Ethik endet vor dem Abgrund! Gewinnmaximierung als alleiniges Management-Credo führt zu Gier und Verantwortungslosigkeit. Auf der Strecke bleiben die Menschen und die Umwelt.» Die EVP-Nationalrätin dürfte mit dieser Haltung die Gefühlslage vieler Bürgerinnen und Bürger zum Ausdruck bringen.

Ein Blick zurück: In den vergangenen zwölf Jahren hat die Credit Suisse mehr als zehn Milliarden Franken an Bussen für Steuer- und sonstige Vergehen bezahlt. Geld, das den Gewinn schmälerte, ergo den Aktienkurs belastete und damit auch den Bonus. Bei diesem Schadenspanorama stieg der Druck, links und rechts zu kompensieren und dabei hohe Renditen anzupeilen. Dass bei einem höheren Kapitalertrag auch die Risiken überproportional ansteigen, nahm man dabei einfach in Kauf. Denn die Ausgangslage blieb komfortabel. Die Schweizer Nationalbank versorgte die Credit Suisse mit Geld und war zudem noch Garantin. Im Gegensatz zu anderen börsenkotierten Unternehmen konnte sich die Credit Suisse dabei erst noch bis zu 93 Prozent verschulden. Das eröffnete weitere Opportunitäten, riskante Geschäfte einzugehen. Denn das ganze Handeln stand unter einem Stern – unter dem Bonusstern. 2010 gab es fünf Milliarden zu verteilen und trotz des Niedergangs seither im Jahr 2021 immer noch 3,2 Milliarden Franken. Und da die höchsten Boni den am meisten Verantwortlichen zuflossen, schauten sie nicht genau hin und bogen ab und zu auch Krummes gerade. Es galt nur noch, kurzfristig über die Runden zu kommen – danach hatte man als Spitzenmanager das grosse Geld und war vor der drohenden Sintflut, falls sie kommen sollte, gerettet. Kurzfristig statt langfristig, risikoreich statt sicher, Delegation in die Zukunft statt Verantwortung in der Gegenwart haben so die Handlungen geprägt. Das waren die Ursachen des Untergangs; was der  eigentliche Auslöser war, da gibt es unterschiedlichste Wahrnehmungen, ist letztlich irrelevant.

 

Karin Fuchs-Häseli, Business-Ethikerin, verdeutlichte das in ihrem hervorragenden Referat «Wer Boni sät, wird Gier ernten». Das Handeln bei der Credit Suisse sei von einem tiefen Reifegrad bestimmt gewesen, nötig sei deshalb ein Umdenken zu ethischem Verhalten und zur Einsicht, dass nur dieses Verhalten einen langfristigen Erfolg sichere.  Eine Wende dieser Art brauche allerdings auch einen Auslöser. «Vielleicht ist der Untergang der Credit Suisse dieser Impuls», so Karin Fuchs-Häseli.

Adriel Jost, Ökonom, Theologe und Präsident der Denkwerkstatt Liberethica, warnte derweil in seinem Referat vor Illusionen. Die derzeit diskutierten Massnahmen würden nicht die erhofften Wendungen bringen, alles drohe mehr oder weniger beim Alten zu bleiben. «Ein Eigenkapital von 30 Prozent und eine Lohnlimitierung wären die effektivsten Schritte.» Adriel Jost ist sich aber bewusst, dass dann das Bankgeschäft für die Kundschaft teurer würde.

 

Christian Kobler, Verwaltungsratspräsident von Forma Futura Invest, die von der ehemaligen Börsenchefin Antoinette Hunziker-Ebneter mit Kobler gegründet wurde, plädierte für ein Drosseln der Drehzahlen im Finanzsektor. Ein Weniger sei langfristig eben ein Mehr, was in der Natur – zum Beispiel an den Bäumen – klar ablesbar sei, sofern man das sehen wolle. Auch im Finanzsektor müsse doch das Ziel sein, die Lebensqualität unter Wahrung der biophysischen Kapazität der Erde zu verbessern und für nachfolgende Generationen zu erhalten.

Im Kongress-Zentrum der Schweizer Börse waren sich die Anwesenden einig: Es braucht ein Umdenken. Die EVP fordert deshalb mit einer Resolution eine Begrenzung der variablen Lohnbestandteile bei systemrelevanten Banken auf zwei zusätzliche Monatslöhne resp. 15 Prozent des Jahreslohnes sowie eine Begrenzung der Entschädigung auf das Doppelte eines Bundesratslohnes bei staatsnahen Betrieben wie Postfinance, Kantonalbanken, SBB, Axpo etc.

Diese Forderungen treffen in erster Line die UBS, die keineswegs das Gegenteil der Credit Suisse darstellt. Auch bei der UBS sehen heute zu viele Angestellte in ihrem Bonus eine Art Schmerzensgeld für ihre sinnentleerte Arbeit in einem Betrieb mit absurden Lohndifferenzen. Und das fördert eine Gier, die für Risiken blind macht.

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