Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes, während mit der Firmung junge Menschen die Zusage der Kraft des Heiligen Geistes erfahren. Man kann diese Zusage auch als längst gefirmter Mensch an Pfingsten besonders gut wiedererleben.  

von Stephan Leimgruber 

Es ist nicht leicht, für junge Menschen verständlich über die Firmung als Sakrament des Heiligen Geistes zu sprechen. Wie ist die Geistesgabe bei der Firmung zu verstehen, die oft mit der pfingstlichen Ausgiessung des Geistes zusammengesehen wird? Taube und Feuerzungen sind eher Symbole für den Heiligen Geist. Dieser lässt sich bekanntlich nicht weitergeben wie Feuer und Tauben oder wie ein festgeschnürtes Paket. Eher ist seine Wirkung wie Feuer oder Frieden. Der Geist Gottes ist eine dynamische Wirklichkeit, die sich anrufen lässt und die erbeten werden kann.  

Die sakramentale Geistverleihung knüpft im Leben der Menschen an. Dieses ist seit der Taufe, ja von Beginn des Lebens überhaupt, durchhaucht von Gottes Odem. Die Geistesgabe erneuert die bereits geschenkten Gaben des Geistes und stärkt die Entfaltung dieser Charismen zum Aufbau der Gemeinschaft, damit sie – möglichst uneigennützig – fruchtbar werden. Hier wird versucht, in bibelnaher Sprache die Firmung in fünf Punkten zu beschreiben. 

  1. Die Firmung als Sakrament der besonderen Geistesgabe 

besagt, dass Gottes Geist neu den Kontakt zum Leben der Firmandinnen und Firmanden sucht und – wenn sie sich dieser Wirklichkeit öffnen – dass er sie erreicht und stärkt. Die Geistverleihung geschieht bei der Anrufung des Geistes unter Handausbreitung der Firmspender und bei den Einzelnen zeichenhaft durch die Spendeformel unter Handauflegung und Chrisamsalbung. Im Leben kann Gottes Geist ganz allgemein erfahren werden, wann immer er angerufen wird und eine Bereitschaft zur Aufnahme dieses Geistes besteht. Gottes schöpferischer Geist vermittelt neues Leben. Er zeitigt pfingstliche Überraschungen und befeuert zu Tatkraft und Initiative. Er befähigt zum Zeugnis des Glaubens, zur Hoffnung in schweren Zeiten und zu Taten der Liebe. Der Heilige Geist eröffnet Menschen eine Zukunft. Er kommt als Tröstergeist zum Aushalten schwieriger Passagen und er begleitet auf dem Weg zum Erwachsenendasein. Dass er weht, wo er will (vgl. Johannesevangelium 3,8), signalisiert, wie sehr sein Kommen auf Offenheit bei den Glaubenden angewiesen ist und auf die Bereitschaft zur Umkehr. Der geistbeseelte Mensch unterscheidet sich von Personen, die nur vordergründig leben und sich bloss an Nutzen und Sichtbarkeit orientieren.  

 

  1. Die Firmung als persönliches Ja zur Taufe

Wie – geschichtlich betrachtet – die Firmung aus der Taufe (Erwachsener) hervorgegangen ist, genauer besehen im vierten Jahrhundert aus der zweiten postbaptismalen Salbung, und sich in der Westkirche als eigenes Sakrament herausgebildet hat, so gehören Taufe und Firmung in Ost und West zusammen. Während die Ostkirche an der einen gesamthaften Initiation festhält und in einer Feier Taufe, Salbung und Eucharisitie spendet, so hat es in der Westkirche eine Anhebung des Firmalters gegeben und es sind Mindestanforderungen für Firmlinge entwickelt worden. Auch die biblischen Spuren für die Firmung (Apostelgeschichte 8, 14-18 und 19, 1-7) belegen die Zusammengehörigkeit beider. Da nun in der Westkirche mehrheitlich die Säuglingstaufe praktiziert und beibehalten wurde, diese jedoch nur im Hinblick auf den Glauben und die Erziehungsverantwortung von Eltern und Paten sinnvoll geschieht, betont nun die Firmung vermehrt das persönliche, altersgemässe Ja zur Taufe. Die Firmung ist daher gleichsam das persönliche Einholen der Taufe geworden bzw. das «Ich-bin-bereit-zum-Zeugnis» (adsum), die von den Eltern grundgelegte Glaubensüberzeugung jetzt selbst zu übernehmen und nach den eigenen Möglichkeiten zu vollziehen.  

  1. Die Firmung als Sakrament der Mündigkeit

Mündigkeit ist ein grosses Wort. Mündig sein setzt Erfahrungen und persönliche Reife voraus. Sie ist eher ein Ziel denn ein fixierbarer Zustand. Mündigkeit ist eigentlich ein Projekt unseres Glaubens, nämlich innere Freiheit in einer pluralen und individualisierten Welt. Jugendliche sollen ihre Lebensgestaltung auf den Prüfstand stellen, um erstmals ohne die Eltern auf beiden Füssen zu stehen, selbst zu entscheiden und sich in die Waagschale zu werfen. Im strengen Sinn ist Mündigkeit nur bei materieller Unabhängigkeit möglich. Mündigkeit ist der Beginn eines Weges aus der früheren Abhängigkeit und Bezogenheit auf die primären Erziehungsverantwortlichen hinein in die Selbstständigkeit. Die Firmung als Sakrament der Mündigkeit bedeutet, dass Gottes Geist zur Freiheit befreit und der Geist Jesu Christi zum Massstab des Handelns in Eigenverantwortung wird.  

  1. Die Firmvorbereitung unterstützt die Auseinandersetzung mit der Kirche

Im Zuge der Anhebung des Firmalters gewinnt die bewusste Auseinandersetzung mit dem eigenen Lebensprojekt in Bezug auf Leben und Glauben sowie hinsichtlich des eigenen Standorts in der Kirche an Bedeutung. Es stellen sich Fragen wie: Wo stehe ich? Was ist mir wichtig geworden? Es entstehen kritische Fragen an die Kirchen und ihre Vertreter.  

Die Firmvorbereitung geht zwar heute stark projektmässig und handlungsorientiert vor, etwa durch Sozialpraktika, aber sie bietet auch einen geschützten Raum, in dem Fragen offen gestellt werden dürfen bis hin zu sogenannten «dummen» Fragen. Analog zur Vorbereitung auf die Konfirmation bietet sie Gelegenheit, den eigenen Standpunkt in der Kirche zu suchen und zu finden. Firmung wird so zur Findung des eigenen Standorts in Kirche und Welt. 

  1. Firmung als Begegnung mit Jesus Christus

Schliesslich ist jede sakramentliche Feier eine Begegnung mit Jesus Christus, seinem Schicksal und seiner Vision eines zukünftigen Lebens in Gerechtigkeit und Frieden. Christliches Leben nimmt Mass am heilenden, versöhnenden und sich verschwendenden Jesus. Es hört aufmerksam auf seine Erzählungen voller Hoffnung und bemüht sich um eine kreative Nachfolge in der heutigen Zeit. In der Firmung liegt eine offene Lebenssituation vor, in die hinein Gottes Wort gesprochen wird, wodurch diese Situation neu zur Gnadenstunde wird. Die Gefirmten stehen neu unter Gottes Anspruch und Segen. Sie halten Ausschau nach neuen Wegen in die Zukunft: hin zu den Menschen und zu Gott. Sie erneuern ihre Lebens- und ihre Schicksalgemeinschaft mit Jesus Christus und stehen mitten in der Welt.