Im Juni gelangen zwei Initiativen für die Senkung der Gesundheitskosten zur Abstimmung. Der Student Benedikt Schmid von der Jungen Mitte des Kantons Zürich engagiert sich besonders stark für Einsparungen im Gesundheitswesen. Er steht für viele Junge, die nicht mehr hinnehmen wollen, dass die Krankenkassenprämien immer weiter steigen.
Anton Ladner
Benedikt Schmid, Sie sind ein junger Mann, der sich für Fussball und Ausgehen interessieren könnte. Sie engagieren sich aber stark für Massnahmen gegen steigende Gesundheitskosten. Was stört Sie?
Mich stört das ungenutzte Potenzial. Es ist bemerkenswert, dass in keinem anderen politischen Bereich so viele Chancen ungenutzt bleiben, obwohl alle in der Gesellschaft früher oder später auf ein funktionierendes Gesundheitswesen angewiesen sind. Jedoch sei gesagt; Ich interessiere mich sehr wohl auch für Fussball, spiele selbst beim FC Kilchberg-Rüschlikon, aber das Ausgehen kam in den letzten 1,5 Jahren tatsächlich etwas zu kurz.
Sehr viele haben resigniert und sich an steigende Krankenkassenprämien gewöhnt. Sie wollen das als junger Mensch nicht. Was bewegt Sie?
Wenn die Prämien weiterhin schneller steigen als die Löhne und wir nichts gegen diese Entwicklung tun, wird die Politik vom Volk zu anderen Lösungen gedrängt werden, wie dies bei der 13. AHV-Rente der Fall war. Heute gibt es drei Wege, die Prämien zu senken: Wir können mehr umverteilen und die Reichen zahlen lassen. Wir können am Leistungskatalog schrauben, oder gar das Obligatorium abschaffen. Oder wir überlegen uns, wie und wo wir unser System effizienter gestalten können.
Derzeit weibeln Sie für die Kostenbremse-Initiative der Mitte, die im Juni zur Abstimmung gelangt. Wo sehen Sie im heutigen Gesundheitswesen Einsparungsmöglichkeiten? Können Sie Zahlen nennen?
Der Preisüberwacher hat bereits 2018 einen Forderungskatalog mit 38 Massnahmen publiziert. Wenig bis gar nichts davon ist umgesetzt worden. Seit Jahren ist bekannt, dass wir verglichen zum Ausland für gleichwertige Medikamente erheblich mehr bezahlen. Ebenso lange weiss man, dass mehr ambulante Behandlungen enorme Kosteneinsparungen ermöglichen würden. Die ZHAW spricht von einem jährlichen Einsparpotenzial von sechs Milliarden ohne Qualitätseinbussen!
Sobald Einsparungen thematisiert werden, wird es politisch. Keine Stadt, kein Kanton will Abstriche. Und die Exekutive befürchtet eine Abwahl bei entsprechenden Massnahmen. Gibt es einen Ausweg aus diesem Teufelskreis?
Ich bin ein vehementer Verfechter des Föderalismus, aber im Gesundheitswesen wäre eine nationale Strategie in vielen Belangen sinnvoll.
Denken Sie, dass Ihre Generation bei der Gesundheitsversorgung einen neuen Weg einschlagen will?
Ich denke, dass wir keine andere Wahl haben. Das Paradoxe ist, dass beinahe niemand mit der aktuellen Situation zufrieden ist. Das Fachpersonal klagt über schlechte Arbeitsbedingungen, die Spitäler finden keine Fachkräfte, die Kantone müssen Spitäler retten, der Bund bringt keine Reformen durch und die Konsumenten zahlen jedes Jahr höhere Prämien.
Die SP will mit einer Initiative, die ebenfalls im Juni zur Abstimmung kommt, eine Prämienentlastung erreichen. Ihre Mutterpartei hat die Nein-Parole beschlossen. Warum?
Auch wir von der Jungen Mitte haben die Nein-Parole entschieden. Gerade wir kennen junge Familien, die unter dem jährlichen Prämienanstieg leiden. Für uns ist klar, dass mehr Geld bewilligt werden muss, aber glücklicherweise wird diese Forderung bereits mit dem Gegenvorschlag umgesetzt. Wenn man aber die Ausgaben auf zehn Prozent des Einkommens deckelt, schwindet jeglicher Druck aus der Bevölkerung, etwas gegen die steigenden Prämien zu tun. Die Initiative der SP würde uns vier Milliarden kosten. Dieses Geld fehlte dann für die Bildung, den Klimaschutz, unsere Armee usw. Die Missstände im Gesundheitswesen blieben hingegen bestehen.
Sie haben im Kanton Zürich eine Initiative für die psychische Gesundheit von Jugendlichen lanciert. Um was geht es dabei konkret?
Ich fordere eine Behandlungsaufnahme innert vier Wochen für alle psychisch erkrankten Kinder und Jugendlichen und einen Ausbau der Prävention.
Was hat diese Initiative bisher bewirkt?
Seitdem wir unsere Initiative lanciert haben, hat die Zürcher Regierung bereits sechs Millionen Franken mehr eingeplant in Bezug auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Unsere Initiative «Gesunde Jugend Jetzt!» ist die erste in der Geschichte unseres Kantons, die sowohl von der Regierung als auch vom Kantonsrat einstimmig angenommen wurde. Dies hat zur Folge, dass wir nie über sie abstimmen werden resp. die Regierung sie direkt umsetzen wird. Zusammenfassend denke ich, dass wir Regierung und Parlament zur Einsicht bringen konnten, dass in den letzten Jahren viel zu wenig getan wurde.
Ihnen kann man vorwerfen, dass Sie auf nationaler Ebene Einsparungen verlangen, auf kantonaler Ebene aber einen Ausbau fordern.
Die langfristigen Kosten von unbehandelten Kindern und Jugendlichen, die monatelang auf Wartelisten ausharren müssen, bis sie suizidal werden, sind um ein Vielfaches höher, als wenn wir frühzeitig eingreifen würden. Es gibt kaum einen anderen Bereich, der einen höheren «Return on Investment» mit sich bringt als Investitionen in die psychische Gesundheit. Das SECO bezifferte die jährlichen Gesamtkosten durch Produktionseinbussen, Medikation etc. bereits vor zehn Jahren auf satte zehn Milliarden!
Welche Prognose stellen Sie für die Kostenbremse-Initiative an der Urne im Juni?
Die Gegner sind sehr gut aufgestellt. Einzig ein Krankenkassenverband und die EVP unterstützen unsere Initiative. Gleichzeitig haben die Gegner Mühe, ausser Behauptungen gute Argumente gegen unsere Initiative zu finden. Daher, wenn wir die Bevölkerung überzeugen sollten, wäre dies eine Sensation, aber auf keinen Fall unmöglich.