Das Pew Research Center in Washington hat soeben eine Studie veröffentlicht, wonach aktive Gläubige glücklicher sind als nicht religiöse Menschen. Das Ergebnis stützt sich auf Umfragedaten in über zwei Dutzend Ländern.

von Anton Ladner

Religiös aktive Menschen neigen dazu, weniger zu rauchen und zu trinken. In den meisten Ländern, in denen Daten erhoben wurden, schätzen sich Gläubige als sehr gesund ein, obschon sie in Bezug auf die Trainingshäufigkeit und die Fettleibigkeit gar nicht gesünder leben. Das ist erstaunlich. Handelt es sich dabei nur um subjektive Wahrnehmungen oder tatsächlich um harte Fakten?
Mit einem breiten internationalen Ansatz wollten die Forscher des Pew Research Center herausfinden, ob Religion eindeutig positive Indikatoren für das individuelle und gesellschaftliche Wohlergehen aufweist. Antworten dazu wurden in internationalen Umfragen gesucht. Durch die Einteilung der Menschen in drei Kategorien wollte die Studie herausfinden, wie religiöse Partizipation mit Glück, Gesundheit und bürgerschaftlichem Engagement verbunden sind. Folgende drei Kategorien wurden unterschieden: Aktiv religiös, bestehend aus Menschen, die sich mit einer religiösen Gruppe identifizieren und sagen, dass sie mindestens einmal im Monat an Gottesdiensten teilnehmen. Inaktiv religiös sind derweil jene, die eine religiöse Identität beanspruchen, aber seltener an Gottesdiensten teilnehmen. Religiös nicht angegliedert sind Menschen, die sich nicht mit einer organisierten Religion identifizieren. Aus den Befragungen der drei Gruppen resultierte folgende Erkenntnis:

Teilnahme macht glücklich

Die regelmässige Teilnahme an einer Religionsgemeinschaft ist eindeutig mit einem höheren Mass an Glück und bürgerschaftlichem Engagement verbunden. Bezüglich Gesundheit gibt es jedoch keinen Hinweis, dass religiöse Aktivitäten in einem klaren Zusammenhang damit stehen, wie oft sich Menschen bewegen oder ob sie fettleibig sind oder an hohem Blutdruck leiden. In keinem der 26 untersuchten Länder und Gebiete–mit Ausnahme von Taiwan, Mexiko und den USA – gibt es einen statistischen Zusammenhang zwischen einer aktiven Religiosität und einer besseren allgemeinen Gesundheit. Die Daten deuten zwar darauf hin, dass es in vielen Ländern Zusammenhänge zwischen religiöser Aktivität und bestimmten Wohlfahrts Massnahmen gibt , aber die Zahlen beweisen nicht, dass der Besuch von Gottesdiensten direkt für die Verbesserung des Lebens der Menschen verantwortlich ist. Vielmehr könnte es laut Pew Research Center sein, dass bestimmte Menschen dazu neigen, weltlich und religiös aktiv zu sein, was zu mehr Vorteilen führe.
Frühere Untersuchungen legen nahe, dass ein Faktor besonders wichtig sein könnte: die sozialen Verbindungen, die mit regelmässiger Teilnahme an Gruppenveranstaltungen wie wöchentliche Gottesdienste, Bibelstudiengruppen, Sabbatessen oder Ramadan-Iftars einhergehen. Um zu verstehen, warum Religion mit Glück zusammenhängt, untersuchten Chaeyoon Lim von der University of Wisconsin-Madison und Robert Putnam von der Harvard University Daten aus einer repräsentativen Stichprobe von amerikanischen Erwachsenen, die 2006 befragt und 2007 wieder kontaktiert wurden. Die Forscher fanden heraus, dass die religiöse Teilhabe einen starken Einfluss auf das Glück hochreligiöser Menschen mit vielen Freunden in der Gemeinde hat, aber nicht bei denen mit wenigen Freunden in der Gemeinde. Die Integration von Religiösen ist ausschlaggebend.
Die von Religionsgemeinschaften geförderten Freundschaftsnetzwerke bezeichnet Putnam als Sozialkapital, das die Menschen nicht nur glücklicher mache, indem es ihnen ein Gefühl von Zugehörigkeit vermittle, sondern es ihnen auch erleichtere, Arbeit zu finden und Wohlstand aufzubauen. Diejenigen, die häufig ein Gotteshaus besuchen, können in ihrem Umfeld mehr Menschen haben, auf die sie sich verlassen können, um Informationen und Hilfe in guten und schlechten Zeiten zu erhalten. Eine Studie ergab zum Beispiel, dass Religion indirekt die wahrgenommene Gesundheit fördert, weil hochreligiöse Menschen mehr Sozialkapital haben. Gemeindebasierte Beziehungen können Gemeindemitgliedern helfen, mit Stress umzugehen und positives Gesundheitsverhalten zu verstärken.
Ebenso weist eine Untersuchung, die den Zusammenhang zwischen Religion und Sterblichkeit erforscht, darauf hin, dass die Teilnahme am Gottesdienst die Langlebigkeit fördert. So haben der Soziologe Jibum Kim und seine Kollegen festgestellt, dass ein regelmässiger Gottesdienstbesuch mit eine m reduzierten Sterberisiko verbunden ist. Die Intensität der Religionszugehörigkeit, des Gebets oder der religiösen Überzeugungen haben derweil auf das Sterberisiko keinen Einfluss.

Bessere Gesundheit

Obwohl soziale Aktivität ein Schlüsselfaktor für das Wohlbefinden religiös aktiver Menschen zu sein scheint, gibt es viele Untersuchungen, die daraufhin deuten, dass auch andere Faktoren eine Rolle spielen. Einige Forscher argumentieren, dass Tugenden, die durch die Religion gefördert werden, wie Mitgefühl, Vergebung und Hilfe für andere, das Glück und sogar die körperliche Gesundheit verbessern können. Religion kann auch das psychische Wohlbefinden fördern, weil sie übernatürliche Überzeugungen pflegt, die den Menschen helfen, besser mit Stress umzugehen. Andere Forscher argumentieren, dass Religion direkter zu einer besseren Gesundheit führen kann, indem sie riskantes Verhalten verbietet und gesundes fördert.
Schliesslich könnte es auch sein, dass religiöse Aktivitäten mit mehr Wohlbefinden verbunden sind, allein deswegen, weil glücklichere, gesündere Menschen die Neigung haben, in religiösen Gruppen aktiv zu sein. Menschen, die unglücklich sind und physisch oder finanziell im Allgemeinen kämpfen, sind isolierter und weniger in der Lage, sich an sozialen Aktivitäten zu beteiligen. Alle diese Erklärungen schliessen sich nicht gegenseitig aus, hält die Studie fest.