Der russische Präsident Wladimir Putin hat den Befehl erteilt, in die Ukraine einzumarschieren, um das Land zu «entnazifizieren und zu befreien». Zur Rechtfertigung dieser eklatanten Völkerrechtsverletzung hat er ein absurdes Lügengebäude errichtet. Vielleicht hat damit sein Ende begonnen und wird dadurch Russland eine zweite Glasnost ermöglicht.  

 von Anton Ladner 

Am vergangenen Sonntag meldete die Ukraine 4 300 tote russische Soldaten und bat das IKRK um Rückführung. Derweil erklärte der Kreml, die «Friedensmission» in der Ukraine habe auf russischer Seite zu keinen Opfern geführt. Diese Lüge ist möglich, weil tote russische Soldaten kurz vor ihrem Tod im Nachhinein aus dem russischen Militärdienst ausgeschlossen werden. Der russische Oppositionelle Leonid Wolkow, ein Verbündeter des inhaftierten Alexei Nawalny, nennt diese Praxis «Verschmähung von Menschenleben». Was jetzt zählt, ist Anteilname mit den Menschen in der Ukraine, aber auch in Russland. Sie haben mit Putin eine neue Nomenklatur, die das Land systematisch ausplündert und gegen die Interessen der Mehrheit handelt. Denn das russische Volk wurde nach der entsetzlichen Allmacht der KPdSU vom ehemaligen KGB-Offizier Wladimir Putin wieder der Meinungsfreiheit beraubt. Und jetzt spielt sich Putin in Moskau als Retter der Ukraine auf, der das Land von «den Nazis» befreie. Garry Kasparow, die Tochter von Boris Jelzin bis hin zu der Tochter von Putin-Freund Roman Abramowitsch und der Tochter des Kreml-Sprechers stellen sich öffentlich gegen den Einmarsch in die Ukraine. Und Zehntausende von Menschen wagen in Russland ihr Leben, um gegen diesen Krieg zu protestieren. Sie haben von Putin und seiner Hampelmann-Regierung genug, eine zweite Glasnost ist überfällig. 

Auch in der Schweiz wurde «der missverstandene Putin» von rechten Medien bis vor Kurzem als Gegenpol zum moralisierenden Westen wohlwollend kommentiert. Aber genau das braucht es jetzt: Moral, Anteilnahme und Solidarität für die Ukraine sowie Scham bei jenen, die meinten, Putin loben zu müssen, um Beachtung zu generieren.