Pilze sind die mit Abstand häufigste Ursache für Krankheiten von Kulturpflanzen und damit verbundene Ernteausfälle. Sie vernichten weltweit 20 bis 40 Prozent der jährlichen Ernte. Mit dem Klimawandel werden Pilzerkrankungen zunehmen.

Michael Hesse

 

Pilze produzieren Millionen mikroskopisch kleiner Sporen, die über grosse Entfernungen verbreitet werden können. Die Sporen sind sehr widerstandsfähig und können bis zu 40 Jahre keimfähig bleiben. Die Sporen mancher Pilzarten können also durch Winde in mehrere Kilometer Höhe getragen werden und so Tausende von Kilometern – manchmal über Kontinente hinweg – zurücklegen. Die einzelnen Pilzarten unterscheiden sich genetisch stark voneinander. Auch innerhalb einer Art sind die Individuen oft genetisch sehr variabel. Darüber hinaus sind sie in der Lage, untereinander Erbgut auszutauschen, in seltenen Fällen sogar mit Bakterien und Pflanzen. Dadurch können sich Pilze schnell anpassen und zum Beispiel gegen Anti-Pilz-Mittel – sogenannte Fungizide – resistent werden. Der immer stärkere Einsatz von Fungiziden mit einem einzigen Wirkmechanismus fördert die Entstehung von Resistenzen. In grossen Feldern mit Monokulturen genetisch identischer Kulturpflanzen können Pilze deshalb enorme Ernteschäden hervorrufen. Da Pilze generell von höheren Temperaturen profitieren, ist damit zu rechnen, dass auch Pilzerkrankungen künftig zunehmen werden. Mit steigenden Temperaturen können Pilze aus den Tropen in gemässigtere Breiten vordringen. Seit 1990 haben sich Pilzerkrankungen bei Pflanzen jedes Jahr sieben Kilometer nach Norden ausgebreitet. Der aus den Tropen stammende Weizenstängelrost ist inzwischen bis nach England und Irland vorgedrungen. Wenn sich die molekularen Abläufe in Pflanzen aufgrund von Klimaveränderungen verändern, können sich harmlose in krank machende Pilze verwandeln. Eine Lösung ist die Zucht widerstandsfähiger Pflanzen auf Basis eines einzelnen Resistenzgens. Zentral bleibt die Erhöhung der genetischen Diversität: In Feldern, auf denen verschiedene Arten oder Sorten mit unterschiedlichen Resistenzgenen angebaut werden, können sich Krankheitserreger nicht schnell über grosse Flächen verbreiten. Mithilfe von Satelliten, Drohnen, künstlicher Intelligenz sowie Anreizen für Landwirte, Pilzbefall zu melden, lassen sich das Auftreten und die Ausbreitung von Pilzerkrankungen frühzeitig erkennen und Gegenmassnahmen einleiten. Auch Fungizide, die mehrere zelluläre Abläufe parallel stören und es so den Erregern erschweren, gegen die Mittel resistent zu werden, sind eine Option.

 

Vor und nach der Ernte

Pilzinfektionen haben bis zu 23 Prozent Ernteverluste auf dem Feld zur Folge. Damit aber nicht genug. 10 bis 20 Prozent des Ertrags fallen nach der Ernte auch durch Pilzbefall weg. Eva Stukenbrock, Professorin am Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie, geht davon aus, dass Pilzinfektionen sich mit der Erderwärmung stetig weiter Richtung der Pole ausbreiten würden. Zudem könnten auch im Boden lebende wärmetolerante Pilze vermehrt Tiere und Menschen infizieren. In Kalifornien führt beispielsweise der bodenbürtige Pilz Coccidioides zu jährlich rund 100 000 Infektionen am Menschen mit teils tuberkuloseähnlichen Symptomen. ala