In Solothurn wird Weihbischof Josef Stübi am 27. November neuer Vorsitzender des Domkapitels, Dompropst genannt. Was das Domkapitel ist und was es heute leistet.
Martin Ötker
Für manche scheint ein Domkapitel ein Kreis bunt gewandeter Männer in vorgerücktem Alter zu sein, die noch irgendeine Aufgabe in der Kirche haben, aber irgendwie antiquiert daherkommen. Allgemein gesprochen, ist ein Domkapitel eine Gemeinschaft von Priestern an einer Domkirche mit dem Recht, den Bischof (mit) zu wählen. Es unterstützt den Diözesanbischof in der Leitung des Bistums durch Beratung und in der Ausübung wichtiger Ämter in der Diözesanverwaltung.
Der Ursprung der Domkapitel wie auch der Stiftskapitel liegt in den Priestergemeinschaften an bestimmten Kirchen, im Fall der Domkapitel an einer Kathedrale. Bereits im 6. Jahrhundert pflegte der Klerus ein rechtlich geordnetes Gemeinschaftsleben.
Das Domkapitel in Basel ist erstmals um 830 in Schriftstücken der Abteien Reichenau und St. Gallen bezeugt. Spätestens ab der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts war die Vita communis aufgehoben und die Domherren wohnten getrennt vom Bischof in Häusern um das Basler Münster. Das Domkapitel beteiligte sich seit dem 12. Jahrhundert immer häufiger an der Verwaltung des Bistums und übte ab dem 13. Jahrhundert das Bischofswahlrecht aus. Während der Reformation musste 1529 der Bischofssitz in Basel aufgegeben und nach Pruntrut verlegt werden. Der Name Bistum Basel blieb jedoch bis heute erhalten.
In den Wirren nach der Französischen Revolution ging das Fürstbistum unter und die Bistumsgebiete im Elsass verloren. Der gleichzeitige Untergang des Bistums Konstanz machte eine Neuumschreibung der Schweizer Bistümer notwendig. Nach achtjährigen, schwierigen Verhandlungen wurde durch die «Convention» (Konkordat) «zwischen dem Heiligen Stuhl und den Regierungen der Kantone Luzern, Bern, Solothurn und Zug» vom 26. März 1828 das Bistum Basel wieder errichtet und neu umschrieben. Als Aus- und Durchführungsverordnung kommt noch die Bulle Papst Leo XII. «Inter praecipua» (IP) vom 7. Mai 1828 hinzu. Demnach wurden der Bischofssitz und das Domkapitel in die Stadt Solothurn verlagert; die Stiftskirche von St. Urs und Viktor wird zur Kathedrale und das Stiftskapitel zum Domkapitel. Heute ist das Domkapitel als Personengesamtheit eine juristische Person sowohl kirchlichen als auch zivilen Rechts (Art. 60–79 ZGB) mit Sitz in Solothurn. Damit ist es voll geschäftsfähig.
Mitglieder
Das Basler Domkapitel bestand ursprünglich aus 17 Domherren, aber nachdem sich der Stand Jura 1981 dem Konkordat angeschlossen hat, sind es 18. Unter ihnen gibt es sechs, die das Residentialkapitel bilden, dem besondere Rechte und Pflichten zukommen. Diese sechs werden nicht gewählt, sondern von den Kantonen benannt und setzen sich aus drei Domherren des Standes Solothurn und je einen aus Luzern, Bern und Aargau zusammen. Der Name Residentialkapitel «trägt ursprünglich der Tatsache Rechnung, dass diese Priester nicht im pfarrlichen Dienst stehen, sondern am Dom residieren, um dort an sämtlichen Gottesdiensten des Domkapitels (Kapitelsamt, Chorgebet, besondere Andachten) verpflichtend teil[zu]nehmen». Die restlichen zwölf werden nicht residierende Domherren genannt, weil sie aus den verschiedenen Bistumskantonen kommen. Heribert Schmitz, ehemaliger Kirchenrechtler in München, hat die Rechtsfigur des nicht residierenden Domherrn wie folgt beschrieben: Sie «geht auf die nach der Säkularisation und nach dem Untergang der Reichskirche notwendige Diözesanumschreibung und -organisation zurück, in deren Zusammenhang auch die Domkapitel eine neue Gestalt erhielten. Tragender Gedanke für die nach 1806 anstehende Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse war die Mitwirkung der Ortskirche an Leitung und Verwaltung der Diözese und an der Bischofswahl.»
Aus dem Kreis der residierenden Domherren ragen zwei hervor, die einen gewissen Ehrenvorrang geniessen: der Dompropst und sein Stellvertreter, der Domdekan genannt wird. Wenn man die Struktur des Basler Domkapitels näher betrachtet, entsteht der Eindruck, dass dieses vereinsrechtlich organisiert sei. Es gibt einen Vorstand, der aus Dompropst, Domdekan und Generalvikar gebildet wird. Die «einfachen Mitglieder» sind die weiteren nicht residierenden Domherren. Es gibt mindestens drei ordentliche Sitzungen im Jahr. Gesamthaft bildet das Domkapitel den Senat des Bischofs, ein Beratungsgremium, das den Bischof in der Leitung der Diözese unterstützt. Eine der vornehmsten Aufgaben des Domkapitels ist die Wahl eines neuen Diözesanbischofs. Sobald sicher bekannt geworden ist, dass der Papst den Rücktritt des Diözesanbischofs angenommen hat oder nachdem sein Tod zweifellos feststeht, tritt die Sedisvakanz ein. In diesem Fall ruft der Domprobst das Domkapitel zusammen, das innerhalb von acht Tagen einen Diözesanadministrator wählt, der das Bistum bis zur Wahl eines neuen Diözesanbischofs provisorisch leitet. Das Domkapitel hat innerhalb von drei Monaten seit Kenntnisnahme der Sedisvakanz den Diözesanbischof zu wählen. «Der zum Bischof Erwählte wird vom Heiligen Vater die Einsetzung erhalten, sobald dessen kanonische Eigenschaften nach den für die schweizerischen Kirchen üblichen Formen dargetan werden», so Artikel zwei im Konkordat.
Es ist erstaunlich, dass sich selbst bei voranschreitendem Priestermangel immer noch Priester finden, die neben dem Pfarramt zusätzlich die verantwortungsvolle Aufgabe als Domherr übernehmen.
Vier neue Domherren
Die Installation erfolgt am Mittwoch, dem 27. November, um 16.30 Uhr in der St. Ursen-Kathedrale. Die neuen Domherren sind: Roland Häfliger, Markus Thürig, Georges Schwickerath und Hanspeter Wasmer.