Bei zahlreichen Abstimmungsvorlagen der vergangenen Jahre sind sich Naturschutz und Landwirtschaft in gegnerischen Lagern gegenübergestanden. Umso erfreulicher ist der Erfolg des Pro Natura-Projekts «Pro Biotop», das Bäuerinnen und Bauern bei der Bewirtschaftung schwieriger Lagen hilft.

John Micelli

 

Die landwirtschaftliche Nutzung von Flachmooren im Berggebiet, von Trockenstandorten und steilen Lagen lässt sich kaum mehr wirtschaftlich bewerkstelligen. Aber nicht immer bringt der Rückzug des Menschen den Naturräumen eine Aufwertung: Wenn Feuchtgebiete oder steile Hänge verbuschen, verarmt die Biodiversität. In den letzten 100 Jahren seien rund 95 Prozent der Trockenstandorte und über 80 Prozent der Moore verschwunden – darunter Biotope von nationaler Bedeutung –, beklagt Pro Natura. Es seien meistens nur kleine Gebiete, die aber eine sehr grosse Biodiversität aufweisen würden, ergänzt Michael Vogel von der Firma Oekoshop, die von der Naturschutzorganisation mit der Umsetzung des Projekts «Pro Biotop» betraut worden ist; mit grossem Aufwand müssten diese Flächen zum Erhalt der Artenvielfalt freigehalten werden. Im Berggebiet aber fehlen vielerorts die Arbeitskräfte und Laien – freiwillige Helferinnen und Helfer sowie Personen, die Zivildienst leisten – stossen bei schwierigen Pflegemassnahmen in exponiertem Gelände rasch an ihre Grenzen. Seit 2017 können die Kantone deshalb für besonders anspruchsvolle Einsätze auf die Expertise von jungen Profis zurückgreifen: Die Pro Natura rekrutiert Lehrabgängerinnen und Lehrabgänger aus dem grünen Bereich wie Forstwarte, Landwirtinnen oder Landschaftsgärtner und schickt sie mit branchenüblichem Lohn für drei Monate – jeweils von August bis Oktober – ins Berggebiet.

Win-win

Von diesen Einsätzen profitieren nicht nur Natur und Landwirtschaft: «Wir haben erlebt, wie viel wir in kurzer Zeit bewirken können», berichtet Jung-Landwirtin Tonia Estermann von ihrem Einsatz im vergangenen Jahr. «Spannend war, dass alle dieselbe Aufgabe etwas anders angegangen sind. Den Forstwarten war beispielsweise ein abgestufter Waldrand wichtig. Ich finde das auch schön, habe mich aber gefragt, ob das für den Landwirt, der die Wiese später bearbeiten muss, nicht zu kompliziert ist. So haben alle ihren Blickwinkel eingebracht und zusammen haben wir die Arbeit dann umgesetzt.» Projektleiter Vogel betrachtet den Einsatz der jungen Fachleute denn auch als eine Art Weiterbildung in der Praxis. Im vergangenen Jahr allerdings hat die Nachfrage erstmals das Angebot übertroffen. Die Pro Natura hofft deshalb, bis zum Ende der Bewerbungsfrist am 6. April noch die Reihen zu schliessen.