Es wurde viel getan, damit der Wolf in der Schweiz wieder heimisch wurde, was jetzt bei Abschüssen von Rudeln zu einer polarisierenden Kontroverse führt. Damit Hirten
weniger oder keine Tiere an die Wölfe verlieren, braucht es Herdenschutz. Eine Schweizer Innovation nutzt dazu ein Halsband mit Pheromonen.

Flavia Müller

 

Pheromone sind Duftstoffe, die von einem Lebewesen abgegeben werden. Einige dienen als Lockmittel, andere wirken abstossend. In der Landwirtschaft werden Pheromone bereits erfolgreich im Pflanzenschutz verwendet. Nun folgt eine vielversprechende Erweiterung des Anwendungsgebiets: Pheromone zum Schutz gegen Wildtiere. Das Schweizer Biotechnologieunternehmen TIBIO und das wissenschaftliche Beratungsunternehmen Studio Alpino haben ein Produkt auf der Basis von Pheromonen entwickelt, das ein Wolfsrevier simuliert. Die Pheromonmischung wird aus verschiedenen Pflanzenextrakten hergestellt und erzeugt einen Geruch, der drei bis vier Monate anhält. Dieser soll den von anderen Wölfen hinterlassenen Geruch imitieren. Wölfe sind territoriale Tiere und neigen dazu, von anderen Wölfen markierte Gebiete zu meiden, um Konflikten aus dem Weg zu gehen.

Das Mittel kann ganz einfach in einem Dispenser an Halsbändern von Schafen, Ziegen oder Kühen angebracht werden und bietet der Herde so Schutz. Das Risiko von Wolfsangriffen sinkt dadurch signifikant. Praxistests belegen einen Wirkungsgrad von 50 bis 60 Prozent. Das Halsband wird derzeit an 657 Tieren auf 23 Bergbauernhöfen getestet. Bis jetzt wurde nur eine Kuh, die ein solches Halsband trug, angegriffen, der man es allerdings auch erst kurze Zeit vorher angelegt hatte. Seitdem sei die gesamte Herde mit den Halsbändern ausgestattet worden und es habe keine weiteren Angriffe gegeben, berichtet der Waadtländer Bauer, dem die Herde gehört.

Die Marktlancierung soll noch dieses Jahr erfolgen. Die fenaco Genossenschaft ist dazu eine Kooperation mit den beiden Schweizer Unternehmen TIBIO und Studio Alpino eingegangen.

In Zukunft produziert und vermarktet AGROLINE das Produkt. «Das Halsband bietet keinen 100-prozentigen Schutz vor Wolfsrissen», sagt Christian Saglini, Vorsitzender der Geschäftsleitung von AGROLINE, «doch wir können den Bäuerinnen und Bauern damit einen wirksamen Puzzlestein im Herdenschutz zur Verfügung stellen.»

Zusammen mit Massnahmen wie Herdenschutztieren, zum Beispiel Lamas oder Hunde, und wirksamen Wolfszäunen kann davon ausgegangen werden, dass Tierverluste durch Wolfsangriffe bald der Vergangenheit angehören werden. Und das, ohne einem einzigen Wolf dabei zu schaden.