Als Mitte-Ständerat steht Othmar Reichmuth, ausgebildeter Käser, Vater von vier Kindern und ehemaliger Schwyzer Regierungsrat, mit beiden Füssen auf dem Boden. Er engagiert sich mit pragmatischen Argumenten für ein Ja zum Klima- und Innovationsgesetz.

Anton Ladner

 

Othmar Reichmuth, der Abstimmungskampf läuft heiss. Der Zürcher FDP-Ständerat Ruedi Noser ist aus Protest aus dem Hauseigentümerverband ausgetreten, weil sich der Verband von der SVP gegen das Klimagesetz instrumentalisieren lasse. Überrascht Sie das?

Ich kenne Ruedi Noser als gradlinige, vorausschauende und konsequent handelnde Persönlichkeit. Somit überrascht mich sein Entscheid nicht.

Das Klima- und Innovationsgesetz ist ein komplexes Gebilde. Warum löst es so viele Emotionen aus?

Es ist nicht das Gesetz, sondern das Thema Klima und damit verbunden die Energiepolitik, was die emotionalen Reaktionen auslöst. Viele befürchten den Verlust von Wohlstand, die Einschränkung unserer Mobilität und die Gefährdung unserer Wirtschaftskraft. Gleichzeitig merken aber auch viele, dass es so nicht weitergehen kann. Die fossilen Ressourcen sind beschränkt und die negativen Umweltauswirkungen breit anerkannt. Dieses Dilemma löst Ängste oder zumindest Unbehagen aus. Die beiden Pole der Klimaaktivisten und der Klimaleugner bespielen diese Ängste und bereiten damit der Sache einen Bärendienst. Vielmehr sind jetzt Verantwortung übernehmen und Handeln gefragt – beides machen wir mit dem Klimaschutzgesetz.

Sie kennen in Ihrem Kanton die Landwirtschaft und die Kantonsregierung bestens. Warum braucht es das Klimagesetz auch für den Kanton Schwyz?

Die Klimaveränderung hält sich an keine Grenzen. Alle müssen ihren Beitrag leisten und Verantwortung übernehmen, das gilt auch für uns Schwyzerinnen und Schwyzer.

Wie manifestieren sich im Kanton Schwyz die Klimaveränderungen?

Die Schneesicherheit für unsere Skigebiete, vor allem über die wirtschaftlich wichtigen Weihnachtstage, hat abgenommen. Ursprünglich nasse Böden sind heute trockener, die Verfügbarkeit von Quellwasser, vor allem im Alpgebiet, hat sich reduziert. Starkniederschläge treten vermehrt auf. Wie überall auf der Welt sind auch bei uns die Veränderungen schleichend, aber zeigen eine klare Richtung auf.

Das Klimagesetz ist ein indirekter Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative. Wo liegt der grosse Unterschied?

Der in der Initiative geforderte Totalverzicht auf fossile Brenn- und Treibstoffe ab 2050 ist gestrichen. Es muss einfach Netto-Null sein, das heisst, das CO2, welches nach 2050 durch die Verwendung fossiler Energien entsteht, muss substituiert, also eingelagert werden. Zudem sind klare Zwischenziele pro Sektor, die finanzielle Unterstützung von Innovationen und für den Ersatz von Fossil- und Elektroheizungen vorgesehen.

Sie haben die Folgen der Klimaerwärmung in Ihrem Kanton beschrieben, dennoch wehrt sich die SVP auch im Kanton Schwyz gegen das Klimagesetz. Was sind die Gründe?

Es sind die gleichen Schlagworte wie auf nationaler Ebene. Unschön ist, dass die meisten Argumente völlig überzeichnet sind oder teilweise schlicht nicht stimmen. Da wird mit der Angst gespielt und Unsicherheit heraufbeschworen. Es ist für mich eine grenzwertige Argumentationslinie, wie die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger mit Halbwahrheiten oder sogar Falschaussagen überflutet werden.

Das Klimagesetz verfolgt drei Ziele: sichere Energieversorgung, weniger Abhängigkeit der Schweiz von Energieimporten und ein stärkerer Klimaschutz. Was ist für Sie davon das Wichtigste?

Es ist eben genau die Kombination von allen drei wichtigen Anliegen. Zusätzlich bleibt die Energieversorgung bezahlbar, schafft Arbeitsplätze und das Geld bleibt in der Schweiz.

Viele verstehen Klimaneutralität als Verzicht. Ist das ein Irrtum?

Es wird eine Veränderung sein statt ein Verzicht. Wir werden als Energie mehr Strom einsetzen und andere Formen wie Wasserstoff, synthetische Gase, Ethanol, aber auch Fernwärme und Tiefengeothermie nutzen. Die Techniken sind bekannt und mit vermehrtem Einsatz ergibt sich auch die Wirtschaftlichkeit. Und übrigens, sollte, aus welchem Grund auch immer, der schnelle Konzertbesuch in London oder ein Kurzurlaub in Übersee nicht möglich sein, sich aber dafür etwas Zeit für den Kontakt mit Freunden oder Nachbarn ergeben, kann das vom Verzicht zum Gewinn werden.

Welche Prognose stellen Sie für die Abstimmung?

Als unverbesserlicher Optimist gehe von einer Zustimmung mit 60 Prozent aus.

Das Klima- und Innovationsgesetz

2019 wurde die Volksinitiative «Für ein gesundes Klima (Gletscher-Initiative)» eingereicht. Mit der Initiative wäre der Verbrauch von Öl, Benzin, Diesel und Erdgas ab dem Jahr 2050 verboten worden. Bundesrat und Parlament ging das zu weit. Das Parlament hat deshalb einen indirekten Gegenvorschlag ausgearbeitet – das Klima- und Innovationsgesetz (KlG).

Der Ersatz von Öl-, Gas- und Elektroheizungen durch klimaschonende Heizungen soll mit zwei Milliarden Franken unterstützt werden. Betriebe in Industrie und Gewerbe, die innovative Technologien zur klimaschonenden Produktion einsetzen, sollen von Fördermitteln in der Höhe von 1,2 Milliarden Franken profitieren. Über das Gesetz wird am 18. Juni abgestimmt.